Die ersten Personen, die Betroffenen begegnen sind meist Polizisten, Feuerwehr, Sanitäter oder Notfallärzte. Solche Begegnungen sind meist kurzfristig und im Vordergrund steht meist die primäre medizinische und sicherheitstechnische Erstversorgung. Alle diese Fachleute sind aber bei der Ausübung ihrer Tätigkeit auch eine „psychologische Ersthilfe“, weil sie sich der betroffenen Person zuwenden und versuchen ihr zu helfen. Erst im zweiten Schritt wird die psychologische Notfallversorgung eingeleitet und psychotraumatologische ausgebildete Fachleute kommen zum Einsatz. Psychologische Notfallhelfer beachten die vorgegebenen Leitlinien eines psychologisch angemessenen Verhaltens und unterstützen die Betroffenen bei der Stabilisierung durch die folgenden Grundprinzipien.

Grundprinzipien der Krisenintervention

  • rascher Beginn, kurz und einfach
  • räumliche Nähe zum Betroffenen
  • Betreuung und körperliche Zuwendung
  • Beruhigung und einfache Entspannung
  • sachliche Information
  • Aufbau angemessener Erwartungen

Dies gilt auch für die Betreuung der Angehörigen der Betroffenen.

Die 3 Phasen der Betreuung nach einem Trauma (Krise)

Die Krisenintervention definiert sich als die psychologische, kurzfristige Betreuung durch Fachpersonal nach einem traumatischen Ereignis. Das Ziel einer Krisenintervention ist die Vermeidung bzw. das Auffangen einer psychischen Entgleisung. Nach ICD-10 wäre damit die Betreuung der akuten Belastungsreaktion (F43.0) gemeint.

Phase 1:
Die Akute Krisenintervention
 findet vor Ort statt. Das bedeutet unmittelbar nach oder sogar noch während des traumatischen Ereignisses. Dies ist die psychologische „Erste Hilfe“ und dauert in der Regel einige Stunden.

Phase 2:
Die Akute Traumatherapie ist die psychologische Stabilisierung nach dem traumatischen Ereignis (z.B. zu Hause oder im Krankenhaus). Hier sind verschiedene Settings möglich, wie z.B. Einzeltherapie, Gruppentherapie, Informationsveranstaltungen, Hausbesuche). Die Dauer der Krisenintervention beträgt zwischen einigen Stunden bis zu ca. 4 Wochen und beinhaltet die Behandlung von manifesten Störungen (Schlafstörungen, Hypervigilanz, Ängste) zur Vorbeugung und Prävention einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).

Phase 3:
Eine eventuelle Nachbetreuung setzt ein, wenn sich die körperlichen und psychischen Symptome nicht verbessern. Empfohlene Weiterbehandlungsmöglichkeiten wären eine Traumatherapie, Trauerbegleitung, Selbsthilfegruppen oder psychologische Beratung.

Die Notfallpsychologie befasst sich ebenfalls mit der Prävention und Verarbeitung posttraumatischer Belastungsstörungen nach traumatischen Ereignissen. Hier beginnt die Arbeit auch bereits mit der Krisenintervention vor Ort durch die Ersthelfer (Balcke, 2010).

In der psychologischen Beratungs- bzw. Therapiearbeit begreift sich die Krisenintervention als ambulante und kurzfristige Betreuung. Im Gegensatz dazu steht eine Traumatherapie, die eher langfristig von statten geht. Betreut werden Menschen die durch plötzliche, massive Einschneidungen ihrer bisherigen Lebensumstände wie durch den Tod eines Partners, Naturkatastrophen, Gewalterfahrungen oder durch existentielle Erkrankungen gefährdet sind psychisch instabil zu werden. Unsere professionelle psychische „Erste Hilfe“ sollen Ihnen helfen diese Krisen zu bewältigen.

Grundsätzliche Ziele der Krisenintervention

  • Den normalen Verarbeitungsprozess (natürlicher Heilungsverlauf seelischer Verletzungen) fördern.
  • Verhindern, dass der Betroffene sich in einem der beiden Extreme „festfährt“: Hilflose Überflutung contra starre Verleugnung (erfährt der Betroffene Verständnis auch für die Versuche, die Situation verdrängen zu wollen, ist er oft besser in der Lage, die Auseinandersetzung mit den Ereignissen wieder aufzunehmen).

Grundaufgaben der Krisenintervention

  • Sicherheit vermitteln
  • empathischer, einfühlsamer Gesprächspartner sein
  • Verständnis haben, um Traumafolgen zu vermeiden und den Prozess der Traumaverarbeitung zu fördern.
  • Suizidalität überprüfen und ggf. Maßnahmen einleiten.

Um einer Fehlverarbeitung eines Extremstress-Erlebnisses zuvor zu kommen, hat es sich als hilfreich erwiesen, die Betroffenen so schnell wie möglich über geeignete Verarbeitungsstrategien zu informieren (Psychoedukation) und sie zu „entstressen“. Dabei ist die Unterstützung durch das soziale Netzwerk, also Familienangehörige, Kollegen, Freunde sehr wertvoll.

Ihre Beate Landgraf